Interview Mary Stormhouse

Hallo zusammen. Gerade ist die Leipziger Buchmesse vorbei und gegen den Messeblues haben wir das nächste Interview für euch. Dieses Mal haben wir Mary Stormhouse einige Fragen zu ihren Werken und zu der Buchbranche an sich gestellt.
In den letzten Jahren hast du dich in der Buchszene immer weiter nach vorne gebracht. Kannst du dich an dein erstes Erlebnis mit der Buchbranche erinnern?
Da muss ich jetzt etwas weiter ausholen. Ich habe mir immer Geschichten ausgedacht, viele Konzepte entworfen, aber gerade dann neben Studium und später Werbeagenturalltag bin ich nie zum Schreiben gekommen. Ich habe dann nach der Geburt unseres Sohnes meinem Mann gesagt, wie doof ich es finde, dass ich trotz allem Willen nie ein Buch geschrieben habe. Mein Mann hat selbst mehrere Bücher veröffentlicht und meinte, ich solle doch mal auf Twitter schauen, ob ich nicht andere Autor*innen aus der Fantasy-Bubble finde, die Tipps haben. Da bin ich dann über die Selfpublisherin Juliet May gestolpert und in die Leserunde ihres Debüts Askeria geraten und war ziemlich geflasht, was im Bereich Selfpublishing passiert. Und dann habe ich mich an Titanias Töchter gesetzt, das ich 2022 veröffentlicht habe und war mit dem Buch auf der Buch Berlin. Das war meine erste Buchmesse überhaupt. Als Ausstellerin. Und ab dem Zeitpunkt habe ich immer mehr großartige Menschen aus der Buchbubble kennengelernt. Juliet May, Vinachia Burke und das Team vom WunderZeilen Verlag bilden trotz aller anderer Autor*innen, die ich kennenlernen durfte meinen Anker in der Buchbranche. Weil sie die ersten waren, die an mich geglaubt haben. Noch bevor ich den SERAPH gewonnen habe.
Im Dezember erschien „The Olympian Job“ und jetzt zur Leipziger Buchmesse „Cosplay saves the Multiverse“. Wie schaffst du es so schnell hintereinander Romane herauszubringen?
Zum einen habe ich viele Konzepte, die ich über Jahre gesammelt habe und das Ausarbeiten von Konzepten ist eine Stärke von mir. Häufig ist es schwieriger, mich für ein Konzept zu entscheiden, dass ich jetzt schreibe als der Schreibprozess selbst. Das ist für die Verlagsbücher dann etwas einfacher, da gibt es ja dann eine Entscheidung der Verlegerin. Wenn ich anfange zu schreiben habe ich – ohne Plotter zu sein – eine genau Vorstellung von Welt, Charakteren und rotem Faden, und muss dem „einfach nur folgen. Zudem ignoriere ich einfach, dass es nicht möglich sein sollte, neben Brotjob, Familie, Haushalt und anderen Verpflichtungen auch noch zwei Bücher zu schreiben. Tatsächlich war ich Ende letzten Jahres deprimiert, weil ich „nur“ zwei Bücher geschrieben hatte, denn eigentlich sollten es drei werden. Bis mir auffiel, dass zwei Bücher doch eine super Leistung sind und ich nebenher nunmal noch podcaste und zur Entspannung vielleicht auchmal zocken und lesen will. Und Messebesuche kosten schließlich auch Zeit. 😀 Und gerade als Werbestrategin weiß ich, wie kontraproduktiv das ist, aber notfalls lasse ich Werbung und Social Media unter den Tisch fallen, weil mir alles andere wichtiger ist. Vor allem der Kontakt zu mir lieben Menschen und der Austausch in der Buchbubble. <3
Worum geht es in „Cosplay saves the Multiverse“?
Stellvertretend für alle Fantasy- und Scifi-Fans, Nerds und Geeks, habe ich eine Cosplay-Gruppe ins Mulitverse geschickt. Im Prinzip ist es Portal-Fantasy mit wenigen Scifi-Elementen. DIe Idee ist, dass gerade Menschen wie wir, die von vielen im sogenannten Mainstream immer noch als weltfremd belächelt werden, durch kreatives Denken und Improvisationstalent glänzen und gerade durch unsere Quirks außergewöhnliche Situationen meistern können. Am Anfang steht für diese Gruppe nur die Frage im Zentrum, wie sie zurückkommen. Bis sie feststellen, dass es noch eine größere Bedrohung gibt, die auch die Erde erfassen könnte. Ich glaube, dass es ein ziemlich außergewöhnliches Buch ist, da es zwischen Witz, wilden Ideen, Drama und Spannung hin und her springt, aber auch ein paar romantische Moemnte hat und wer möchte, aktuelle Gesellschaftskritik zwischen den Zeilen lesen kann. Meine Verlegerin Vinachia meinte mal zu mir, meine Bücher wären wie die Filme eines großen Zeichentrick-Imperiums aus Hollywood: Unterhaltsam, leicht zu lesen, mit einprägsamen Figuren und mehr Tiefe als man auf den ersten Blick sieht.
Und natürlich besucht meine Cosplay-Gruppe unterschiedliche Welten, zwischen Fantasy und Science-Fiction. Jede davon ist entweder eine Hommage an ein liebgewonnenes Buch oder an eines, das ich selbst noch schreiben will.
Würdest du sagen, dass deine Bücher Gemeinsamkeiten besitzen?
Obwohl alle meine Bücher auf den ersten Blick sehr unterschiedlich zu sein scheinen, haben alle zwei Gemeinsamkeiten. Und das wird vermutlich auch auf zukünftige zutreffen. Zum einen habe ich ein Herz für Misfits. Für schräge Charaktere abseits von Klischees. Das heißt nicht, dass ich komplett ohne auskomme, aber die meisten lassen sich schwer in ein klassisches Schema schieben. Und dabei ist mir wichtig, dass ich ein breites, gesellschaftliches Spektrum abdecke. Meistens passiert das wie von selbst, da ich in einem bunten Umfeld lebe. Ich habe also keine Checkliste, prüfe aber vor dem Schreiben nochmal, ob die Chars sich voneinander abgrenzen und zum Beispiel queere Personen und Menschen mit Migrationshintergrund eine Rolle spielen. Dabei ist mir wichtig, das nicht zum Thema zu machen, sondern die Normalität des Miteinanders in den Vordergrund zu rücken, gerade in Fantasy- oder Scifi-Geschichten.
Zum anderen ist da der Themenkomplex Klimawandel und wie wir unseren Planeten behandeln. In „Draußen“ konnte man das Thema nicht übersehen, da stand es im Vordergrund. Aber schon in „Titanias Töchter“ gab es eine Gruppierung von Feen und anderen magischen Geschöpfen, die die Menschen loswerden wollten, weil sie die Erde nicht gut behandeln. „The Olympan Job“ spielt in Neu-Olymp, einer Stadt, in der die Nachkommen von Gottheiten nach dem Steigen der Meeresspiegel eine Zuflucht für Menschen und göttliche Geschöpfe geschaffen haben. Auch in „Cosplay Saves the Multiverse“ gibt es eine Welt, in der die Auswirkungen des Klimawandels deutlich sind und auch die Ausbeutung von Rohstoffen spielt zumindest im Hintergrund eine entscheidende Rolle.
Woran arbeitest du aktuell?
Ich arbeite parallel an zwei Projekten. Da ist meine Space Opera „Nova Dust“, die vom Feeling ein bisschen wie die Wayfarer Romane ist. Da es ein Selfpublishing Buch wird, verschiebe ich es immer weiter nach hinten, was mir ein bisschen in der Seele wehtut, weil es eine tolle Geschichte ist. Hier erfühle ich mir den Wunsch nach einem weiblichen coolen Captain auf einem Raumschiff, das auf Entdeckungsreise geht mit einer Crew voller Misfits.
Aber es wird wohl wieder etwas in den Hintergrund treten, weil mein nächster Roman im WunderZeilen Verlag auch schon wieder im Januar 2026 erscheint und es sich um den ersten Band einer Dilogie handelt. Auch hier darf ich ein Projekt verwirklichen, das mir seit Jahren im Kopf rumspukt. Viel kann ich noch nicht verraten, aber dieses Mal wird der Schauplatz eine Erde sein, die im Konflikt zwischen Himmel und Hölle gefangen ist. Inspiriert von coolen Aspekten christlicher Mythologie und mit ganz vielen eigenen Ideen. Zur Recherche habe ich unter anderem Dantes Inferno gelesen, etwas, das ich seit Jahren vor mir hergeschoben habe. Zurecht. Ich habe selten etwas so zähes gelesen. 😀
Würdest du dir wünschen, dass eines deiner Bücher als Hörbuch erscheint? Und wenn ja, hättest du einen Favoriten?
Wer wünscht sich das nicht? Mein Wunsch wäre tatsächlich „The Olympian Job“, da sich da ich mir das wirklich gut als Hörbuch vorstellen könnte, gelesen von zwei Frauen mit klar unterscheidbaren Stimmen für die Schwestern Makani und Kaimana. Tatsächlich ist „Draußen“ etwas realistischer von der Länge. Durch meine lange Zeit in der Podcast-Bubble, habe ich Zugriff auf das Know-How, ein passables Hörbuch selbst einzusprechen und von Freunden bearbeiten zu lassen. Leider fehlt mir absolut die Zeit dazu. Also mal sehen, ob es irgendwann eine vertonte Geschichte von mir gibt. Da ich vor drei Jahren noch nicht gegalubt hätte, im Jahr 2025 vier Bücher veröffentlicht zu haben, geschweige denn, einen SERAPH im Regal stehen zu haben, würde ich „Sag niemals nie“ sagen.
Welches Buch von einem anderen Schreiberling hat dir zuletzt eine schlaflose Nacht beschert?
Das ist schwierig. Eines der Bücher, die mich in den letzten Jahren am meisten beeindruckt hat, ist der Solarpunk Roman „Walkaway“ von Cory Doctorow. Wenn wir jetzt nach Deutschland blicken, gibt es einige Bücher, die ich großartig finde. Zum einen von meinen Verlagskolleginnen aus dem WunderZeilen Verlag, aber auch vom Eridanus Verlag. Auch die Honesty-Reihe von Franzi Kopka finde ich sehr gelungen. Aber wenn es wirklich um das zuletzt gelegene Buch geht, wo ich wirklich im Bett gelegen und über die Geschehnisse nachgedacht habe, dann ist die Antwort: „Parts per Million“ von Theresa Hannig. Das habe ich tatsächlich erst gerade eben beendet. Generell gehen mir ihre Romane immer nah, und ich glaube, ich habe nie stärker den Wunsch verspürt, JETZT mit dem Schreiben zu beginnen, wie nach der Lektüre von „Die Optimierer“. Eine deutsche Frau, die so brillante Science-Fiction schreibt muss man sich, wenn man selbst Scifi schreibt, einfach zum Vorbild nehmen. Und „Parts per Million“ könnte ich an vielen Stellen einfach unterschreiben und bestimmte Passagen in die Welt hinausbrüllen. Allein die Widmung ist großartig. Und noch dazu ist Theresa Hannig eine engagierte Frau, die sich auch außerhalb des Schreibens gegen den Klimawandel stark macht. Tatsächlich bewegen mich Science-Fiction-Romane auch in ihrer Vielseitigkeit ganz anders als Fantasy-Romane. Weswegen ich hoffentlich noch in diesem Jahr ein weiteres Buch in einem Scifi Subgenre finalisieren werde.
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Foto: Mary Stormhouse (privat)