Interview June is

Interview June is

Kennt ihr schon June is? Nein? Dann lest unser Interview … Ansonsten natürlich auch 😉

Wie bist du zum Schreiben gekommen?
Ich schreibe seit der 4. Klasse, war also ein eher ideenreiches Kind. Habe das dann später immer weiter verfolgt, über Reiseberichte, Gedichte und Geschichten, noch ohne Veröffentlichung, aber ich bin immer von anderen ermutigt worden (Lehrer, Seminarleiter, Profs). Die erste Veröffentlichung kam 2005 über einen Editor aus den USA, den ich auf einer Reise kennenlernte. Ich war in seinem Lyrikband Gastautorin und megastolz. Mir fiel über die Jahre genreübergreifend auf, dass ich Geschichten mochte, aber oftmals fehlten mir Spannung oder wichtige repräsentative Aspekte (Abbildung von Protagonisten mit Behinderungen, vor allem durch die Gesellschaft oder das Umfeld) und ich wollte es selbst anders machen. Beispiel Romance. Es gab für mich nichts Langweiligeres als zwei Wesen (je nach Genre), die sich treffen, irgendwie auseinandergebracht werden, sich wieder treffen und dann happily ever after leben. Und doch fasziniert mich der Romeo-und-Julia-Stoff, aber auf einer anderen Ebene, übrigens wieder beispiellos umgesetzt in der asiatischen Meteor-Garden-Serie auf Netflix. 😉 Jetzt habe ich vor einer Weile selbst einen Vertrag unterschrieben für eine Romance-Geschichte, die in erster Linie empowernd für andere Menschen ist. Das ist mir irgendwie ganz wichtig, dass es neben der Liebe eine Aussage gibt. Mittlerweile sehe ich Schreiben als „diffusen Mix aus Entertainment und Prämisse“, einerseits Ungewöhnliches zu schreiben und andererseits auch die Lesenden zu begeistern.

Offensichtlich nutzt du ein Pseudonym. Wie kam es zur der Entscheidung?
Es ist für mich nur ein Halbpseudonym, denn seit meinem Studium werde ich June gerufen. Es ist quasi ein Nickname gewesen. Ich hab lediglich noch das wortspielende als auch philosophische „im Sein seiende“ „Is“ als Nachname hinzugefügt. Mittlerweile darf ich damit sogar Flugtickets buchen, weil es im Ausweis als Künstlerinnenname vermerkt ist. Eine meiner letzten Errungenschaften, nachdem mein Debüt herauskam.

Letztes Jahr erschien dein Buch „Gefangen zwischen den Zeilen“. Wie kam es zu der Geschichte und wie lange hast du daran gearbeitet?
Die Geschichte des Strafbuches entstand als Kurzgeschichte für die „Keller-Ausschreibung“ des OhneOhren-Verlages. Da war es allerdings noch kein Buch in einer Bibliothek sondern einfach die Geschichte von Linda, die dem Vater in den Keller folgt und dann durch das Portal nach ca. 1890 geht. Der Rest kam erst drum herum, als ich eine Absage für die Antho, aber damit auch eine Zusage für die Verlängerung der Geschichte zu einem Kurzroman bekam. Ich hatte auf einmal die Möglichkeit, gesellschaftlich relevante Dinge in einem höchst unlangweiligen Maße zu verpacken. Diese Chance habe ich natürlich genutzt. Von der Arbeitszeit her war es gar nicht mal so lange. Ich meine, 9 Monate, aber da war auch viel Nachdenken (welche Figuren brauche ich noch usw.), bereits Bestehendes umwerfen (zum Beispiel ganze Erzählformen ändern) und nach dem Sensitivy Reading noch mal einiges anpassen dabei.

Schreibst du gerade an einem neuen Projekt?
Wie bei 1) schon erwähnt, habe ich ein völlig anderes, nicht fantastisches Projekt gerade gestartet. Nebenbei wird kräftig an der Anthologie zu meiner Ausschreibung „Das Leuchten der Schweinwerfer“ gewerkelt. Ich schreibe außerdem am zweiten Teil von „Gefangen zwischen den Zeilen“. Weiterhin – jetzt wird’s gruselig – wünsche ich mir sehr, auf den englischsprachigen Markt zu expandieren, daher schreibe ich zeitgleich an einer englischen Fantasy-Novelle mit einem trans Protagonisten – und das deshalb, weil ich glaube, dass gerade der amerikanische Markt positive Repräsentation nötig hat. Viele kämpfen da in einigen Staaten um Anerkennung ihrer Rechte, daher dachte ich, ich kleines Licht versuche mal, da neben anderen etwas anzustoßen. Für dieses Projekt stehen mir zwei trans Personen als SR-Reader:innen zur Verfügung.

Woher nehme ich die sprachliche Confidance? Nun, ich habe kürzlich im englischsprachigen Canada bei einem Schreib-Wettbewerb für längere Projekte teilgenommen, da hat mir ein – wie ich später durch Google erfuhr – preisgekrönter Mensch Feedback gegeben und mir versichert, er würde es wieder machen, wenn’s fertig ist. Das ist natürlich toll, weil ich dahingehend auf jeden Fall mindestens eine Rückmeldung von einer Person, die Englisch-Muttersprachler ist, bekommen werde. Sofern er es nicht vergisst, bis ich fertig bin 😀  Ich traue mich fast nicht, am Ende noch zu erwähnen, dass ich auch ein chinesisches Kinderbuch auf meinem Projektstapel habe, eine Freundschaft zwischen einem deutschen und einem taiwanischen Kind – samt Illustrationen, aber das ist wirklich Ende-des-Jahres-Zukunftsmusik. 

Neben der Schriftstellerei bist du auch Illustratorin. Was waren deine letzten Cover?
Meine letzten Cover … nun ähm. Das Cover bei Haller 20 war tatsächlich mein erstes Cover. Ich habe danach jetzt allerdings ein paar Anfragen bekommen und werde diese Sache natürlich weiterverfolgen, sodass ich Referenzen bekomme, die ich dann auch mal irgendwelchen anderen Leuten zeigen kann. Andererseits muss man auch die AI-Entwicklung und vor allem den Umgang der Menschen damit abwarten. Ich kann immerhin noch als Bestseller-Autorin durchstarten (träumen ist erlaubt), aber es gibt Menschen, die leben von ihren Illustrationen und haben keine andere Einnahmequelle. Das ist ja nichts Neues, aber man kann es nicht oft genug wiederholen.

Bist du der Meinung, dass deine beiden kreativen Ausdrucksformen sich gegenseitig bestärken oder ist es eher so, dass erst die eine und im Nachhinein die andere ihre Kraft entfaltet?
Die bestärken sich durchaus. Wie oft denke ich: Hah, das ist eine gute Idee, aber wie setzt du die jetzt um, welche Erzählform, welches Genre, dann ploppt so eine Blase auf – vor meinem geistigen Auge und ich sehe ein Bild. Steampunk, Portrait, lässt auf Ich-Erzählung schließen –> ok, ja, das passt zur Idee, dem werde ich mal nachgehen, dem Gedanken … andererseits habe ich den Video-Kurs von Felix Scheinberger gemacht. Und der arbeitet viel mit dem Zufall – Pareidolie nennt sich das – wenn Farben oder in seinem Fall – Kaffeeflecken 😀 – bestimmte – manchmal arg konkrete – Formen annehmen, ohne, dass man mit dem Pinsel nachhilft. Man malt, wenn’s getrocknet ist, was man darin sieht und oft guck ich aufs Papier und habe ein Storyelement oder da ich viele Gesichter male, einen Protagonisten. Also durchaus hilfreich, beides. Allerdings sollte man nicht alles vom Zufall abhängig machen, sonst leidet die eigentliche Aussage darunter, weil es in eine völlig andere Richtung gehen kann.

Du hast eine schriftstellerische und eine grafische Idee. Welche setzt du zuerst um? 😉
Uhhhhhhh. Ich glaube, wenn es dieselbe Idee ist, weil ich mich da immer noch sehr viel sicherer fühle, kam bisher zuerst die schriftstellerische Umsetzung. Danach dann die Illustration. Wobei ich in der Reihenfolge selten zufrieden bin, mit dem Bild. Vielleicht sollte ich es einfach mal anders herum probieren … 😉

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