Interview Frank Lauenroth

Interview Frank Lauenroth

Hallo zusammen. Ein neuer Monat, ein neues Interview. Kennt ihr schon Frank Lauenroth? Dieses Mal hat er unsere Fragen beantwortet.

Du bist mit „Kadaver“ für den KLP nominiert. Erzähl ein bisschen von der Geschichte und ihrer Entstehung.
Es ist mir Freude und Bestätigung zugleich, wenn eine Geschichte einige Fans auf sich vereinigen kann, um beim KLP nominiert zu werden.
„Kadaver“ ist für mich in mehreren Hinsichten besonders. Die grundlegende Idee entstand während der Recherche für einen Thriller (den ich nicht weiterverfolgt habe). Da habe ich mir angesehen, wie das Auge funktioniert. Welche Teile für Hell und Dunkel (Stäbchen) und welche für Farbe (Zapfen) zuständig sind. Was die Eiweißmoleküle in den Zapfen damit zu tun haben und das man Nano-Partikel verwenden könnte, um die Eiweiße da hinein zu bringen. Das war sehr spannend und irgendwann stellte ich mir die Frage, wie wohl eine Welt aussehen würde, die nur aus Grautönen bestände. Und viel wichtiger, was es aus uns machen würde, weil wir ja wüssten, dass es einmal Farben gab und wie wichtig sie für uns waren. Wie so häufig bemerkt man den Einfluss von bestimmten Dingen erst, wenn man sie verloren hat. Wenn die Farben also weg wären, wie würde unser Alltag aussehen? Wir müssten uns arrangieren, denn das tun Menschen zuerst. Und dann würden wir versuchen, einen Ausweg zu finden, eine Änderung herbeizuführen.
Der Text hat von der Idee bis zum Druck 6 Jahre gebraucht.
Zwischenzeitlich wollte ich die Geschichte gemeinsam mit meinem Autorenkollegen Thomas Laddach verwirklichen. Schlussendlich sind wir dafür nicht zusammengekommen und so habe ich aus dem Setting eben jene Geschichte entwickelt, die den Alltag in der grauen Welt mit einem Zweitkontaktszenario verbindet. Und der Frage: wie hätte der Erstkontakt verlaufen können, wenn wir ihn unsere Kinder hätten übernehmen lassen?

In der deutschen Literatur hat die Kurzgeschichte einen eher durchwachsenen Stand. Was sind deiner Meinung nach zwei unschlagbare Vorteile einer Kurzgeschichte?
Es wird – zumindest von Kurzgeschichtenautoren – gerne darauf verwiesen, dass die Shortstory die Königsdisziplin sei. Meiner Meinung nach ist es korrekt und falsch zugleich. Für eine funktionierende KG sollte man mit wenigen Sätzen ein Weltenkonstrukt beschreiben können und Charaktere etablieren, die irgendwie interessant sind. Das ist eine komplexe Aufgabenstellung. Wenn es gelingt, kann es wahrlich königlich sein. Letztlich ist die KG ein Training, eine hilfreiche Fingerübung für größere Projekte, die Novelle, den Roman. Michael Marrak zum Beispiel ist ein Meister darin, das Große zu konzipieren und im Kleinen zu begeistern.
Umgekehrt eignet sich nicht jede Idee für einen 400 Seiten umfassenden Roman. Aber mit einer Kurzgeschichte kann man eine richtig gute Idee den LeserInnen nahe bringen und sie für einen kurzen Zeitraum fesseln.

Diese Woche erschien „Delter – Science-Fiction-Storys“. Sind das neue Texte von dir oder ist ein vorläufiges „Best of“?
Sowohl als auch. Ich habe mich vor diesem Projekt einer Best-of-Kollektion erst der Unterstützung von Erik Simon versichert, der mir in der Zusammenarbeit mit gnadenloser Kritik die Stärken und Schwächen meiner Texte aufgezeigt hat. Ursprünglich wollte ich ihn für ein Vorwort gewinnen, doch daraus wurde eine Vorbemerkung, die seine Erfahrungen mit der deutschen Science-Fiction im Kontext mit meinen Kurzgeschichten darlegt. Die Storys, die es dann tatsächlich ins Buch geschafft haben, wurden natürlich feingeschliffen und teilweise auch mit neuen (besseren) Enden versehen. Zwei neue Storys sind auch enthalten, auf die ich besonders stolz bin und sehr gespannt, wie sie bei den LeserInnen ankommen.

Woher nimmst du die Inspiration für deine Texte?
Wie weiter oben bei „Kadaver“ beschrieben, kann die Idee aus der Recherche für andere Projekte entstehen. Liedtexte eignen sich auch wunderbar als Inspiration (z.B. für „Blvd.“ in Marianne Labischs „Rock Planet“). Manchmal auch Vorgaben für Ausschreibungen. Ganz selten auch Aspekte in Geschichten anderer Autory. In den guten alten Zeiten, als Heyne noch reihenweise KG-Sammlungen veröffentlichte, habe ich diese verschlungen. Da ist eine Menge hängen geblieben. Nicht unbedingt einzelne Gedanken, vielmehr die Welt der Ideen, in die man eintauchen konnte. Dieses Gefühl der Storys von damals. Das ist immer noch tief in mir. Also kommen die Ideen zu mir und ich muss sie nicht suchen.
Deswegen lege ich mich auch nicht auf bestimmte Topics fest. Erik Simon lobt in seiner Vorbemerkung zu „Delter“ die Vielfältigkeit meiner Geschichten. Das sie thematisch so weit gefächert sind, liegt also auch an dem Background meiner Inspirationen.

Ist das Genre Science-Fiction deine Welt? Oder kannst du dir auch andere Literaturgattung vorstellen, die du gerne ausprobieren möchtest?
Die Science-Fiction ist der Anker, die Welt, in die ich immer wieder zurückkomme. Hierfür schlägt mein Herz. Sehr gerne (und durchaus erfolgreich) habe ich mich auch als Thriller-Autor versucht. Immerhin habe ich die erste (und bislang einzige) Marathon-Thriller-Trilogie erschaffen, für die ich auch viele positive Kritiken einfahren konnte. Derzeit bin ich gerade im Austausch mit meiner Lektorin zu einem London-Thriller, der auch noch in diesem Jahr erscheinen wird. Aber danach geht es rasch zurück in die Space-Opera, da der Eridanus-Verlag dankenswerterweise meinem „Black Ice“ ein neues Heim geboten hat. Und so geht es dann im frühen 2026 (so die derzeitige Planung) mit „White Fire“ weiter (die Fortsetzung, die bereits geschrieben ist) und findet seinen (vorläufigen?) Abschluss mit „Aurora“ (da bin ich gerade am Konzept).

Wie kann man sich deinen Autorenalltag vorstellen?
Das Gros meiner Kurzgeschichten und Romane schreibe ich auf dem Weg zur und von der Arbeit in der S-Bahn auf dem Laptop. Das gibt mir eine sichere Stunde pro Tag. Immer zwischen 2 und 4 Seiten. Es braucht, doch es wird. Besondere Ereignisse wie die Fertigstellung eines Romans oder ein Lektorat binden mich dann zusätzlich am heimischen PC. Ab und an bediene ich auch die neuen Medien. Wahrscheinlich sollte ich das intensivieren, aber zuallererst sehe ich mich als Autor und ich möchte
lieber mit den Geschichten unterhalten als mit der Ankündigung derselben. Die glorreiche Ausnahme davon sind natürlich Interviews 😉!

Ich habe von einem anderen Autoren gehört, dass er, während er schreibt, selber keine Texte von anderen liest, um seinen eigenen Text dadurch nicht zu beeinflussen. Wie handhabst du es mit parallelem Schreiben und Lesen?
Ich habe meinen Stil gefunden. Wenn ich zwischen meinen eigenen Arbeiten Texte anderer Autory lese, dann hat das keinen Einfluss. Grundsätzlich hat das Arbeiten an meinen eigenen Texten für mich eine höhere Priorität als das Lesen. Aber solange ich nicht in einer der heißen Phasen bin (Fertigstellung Roman / Lektorat) nehme ich mir gerne Zeit für die Weltenentwürfe meine KollegInnen. Umgekehrt machen die das doch genauso, oder? ODER?


Ihr wollt mehr über Frank wissen oder auf dem Laufenden bleiben? Dann folgt ihm hier:

Webseite: https://exophyt.wordpress.com/ (Hier findet ihr auch seinen Text „Kadaver“)

Instagram: https://www.instagram.com/lauenrothfrank/


Foto: Frank Lauenroth (privat)

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