Interview Ulf Fildebrandt

Interview Ulf Fildebrandt

Hallo zusammen. Ulf Fildebrandt ist schon seit einigen Jahren als Autor bekannt. Heute beantwortet er uns ein paar Fragen.

Du schreibst schon seit vielen Jahren. Kannst du dich noch erinnern, wie du an deiner ersten Veröffentlichung gearbeitet hast?
Dazu muss ich erst überlegen, was ich als meine erste Veröffentlichung bezeichnen würde. Vielleicht meine Kurzgeschichte, die ich in der 11. Klasse bei einem Schreibwettbewerb an meiner Schule eingereicht habe und dann als eine der Siegergeschichten veröffentlicht wurde. Wenn ich richtig rechne, muss das 1990 gewesen sein.
Das Thema der Ausschreibung war die Welt von Morgen. Als Nerd, der damals und heute Science Fiction liest, musste ich mitmachen. Obwohl es mich wirklich Überwindung gekostet hatte, habe ich die Geschichte eingereicht. Ich habe sie wochenlang überarbeitet, bis ich dasselbe wieder reinkorrigiert habe, was ich vorher gelöscht habe. Aber es war eine sehr schöne Erfahrung, die eigene Comfort Zone zu verlassen.


Was hat sich in den Jahren der Autorenschaft aus deiner Sicht alles verändert?
Nach meinem Empfinden gar nicht so viel. Ich gehe einfach mal in die Zeit um 2010 zurück. Es gab damals Kurzgeschichtenausschreibungen, gibt es heute immer noch. Es gab Kleinverlage, genau wie heute, und die Publikumsverlage.
Die Manuskripte selbst habe ich schon immer mit einer Textverarbeitung erstellt und überarbeitet. Feedback kam von anderen Schreibenden.
Allerdings sieht es für mich danach aus, als würde der Autorenschaft gerade ein sehr großer Wandel bevorstehen. Ich spreche natürlich von der Texterstellung durch KIs, genauer gesagt Large Language Models. Persönlich glaube ich nicht daran, dass man die Zeit zurückdrehen und die LLMs aus der Texterstellung verbannen kann, denn der Geist ist aus der Flasche.

Es wird zwar noch versucht, durch Fragen sicherzustellen, dass die Texte ohne KI erstellt wurden, aber langfristig werden solche LLMs wohl einfach ein sehr mächtiges Tool werden, um Texte zu erzeugen. Vielleicht ähnlich dem Buchdruck. Davor wurden alle Bücher von Hand abgeschrieben, jedes einzelne Buch war ein Kunstwerk, danach konnten sie beliebig vervielfältigt werden. Genau dasselbe geschieht jetzt mit der Texterstellung.
Das ist eine große Veränderung der Autorenschaft. Und wie es in fünf Jahren aussieht, kann wohl keiner so wirklich beurteilen. Es wird jedenfalls spannend und interessant.

Wir sprachen im Vorfeld über Trends. Wie empfindest du Trends, wie z.B. KI in der Science Fiction und Romantasy bei der Fantasy? Engen sie uns Schreibende ein oder sind sie ein Nährboden für neue Ideen?
Ich beobachte die Trends mit gemischten Gefühlen, denn sie spiegeln einerseits wider, was die Menschen gerade beschäftigt. Leser und Leserinnen haben also ein Interesse daran, die Texte zu lesen, weil sie das Gefühl haben, es betrifft sie.
Das ist positiv, wenn man will, dass die Geschichten gelesen werden.
Auf der anderen Seite schränken sie die Möglichkeiten auch ein. Jeder SF-Schreibende arbeitet sich im Moment am Thema KI ab und versucht, einen eigenen Aspekt zu finden. Manchmal gelingt das, manchmal auch nicht. Es kommt zu einer Übersättigung.
Persönlich finde ich das schade, weil ich aus der Informatik komme und über neuronale Netze schon gelesen habe, als ich auf die Uni gegangen bin, also in den 1990er Jahren. Damals hatte man nicht die Rechenleistung, um etwas Sinnvolles mit neuronalen Netzen anzufangen, deshalb sind sie die ganzen Jahre über in der Versenkung verschwunden.
Ich finde es deshalb schade, weil ich aus dem Gebiet komme und wenn ich etwas über KI schreibe, fällt das automatisch in die Kategorie, die gerade sehr hype ist. Der Druck, etwas wirklich neues zu bringen, steigt dadurch. Für mich gefühlt jedenfalls.
Aber abschließend sind Trends wohl wichtig, um an dem dran zu bleiben, was die Menschen gerade beschäftigt. So beschäftigt sich Phantastik mit den aktuellen Themen und bleibt relevant. Im besten Fall nehmen die Leser und Leserinnen damit etwas für sich mit. Und jeder Trend fängt ja irgendwann mit irgendeinem Buch an. Das wäre ja der Traum jedes Schreibenden so einen Trend anzufangen. Wenn man schon kein ganzes Genre erfindet wie Tolkien mit dem Herrn der Ringe.


Würdest du – gerade in Bezug auf Trends – auch ein anderes Genre ausprobieren?
Man soll ja eigentlich schreiben, was man auch wirklich kennt. Die Krimis und Liebesromane, die ich in meinem Leben gelesen habe, kann ich leider an einer Hand abzählen. Um in einem anderen Genre zu schreiben, müsste ich erst einmal einige Recherche hinter mich bringen. Daher sieht es wohl schlecht aus mit einem Genrewechsel, und ich bleibe bei SF und Fantasy.
Aber die Idee ist gut, dass ich meinen Horizont erweitere, siehe Comfort Zone.
Romantasy ist als Spielart der Fantasy gerade sehr angesagt. Obwohl, etwas zu schreiben, nur weil es angesagt ist, widerstrebt mir auch ziemlich. Ich muss ja nicht von meinem Schreiben leben und kann deshalb schreiben, was mir gefällt. Jedenfalls eine gute Anregung.


Wo wir bei neuen Ideen sind, wie entwickelst du deine Geschichten?
Ich brauche für eine Geschichte erst einmal eine Idee, quasi einen Kern der Geschichte, die mich selbst überzeugt. Bei meiner Fantasy-Reihe, Weltenkreis, ist es zum Beispiel das Magiesystem. Die Zauberer brauchen Erinnerungen, um ihre Magie zu wirken. Danach ist die Erinnerung verbraucht. Ein Zauber kann sich also im wahrsten Sinne des Wortes selbst verlieren.
Das ist der Hintergrund der Welt. Für eine Geschichte brauche ich eine Idee für den Hauptcharakter. Jeder der Romane handelt daher von einem Charakter und seinem Schicksal. Da muss ich in der Lage sein, das in ein, zwei Sätzen zu
beschreiben. Wenn ich das nicht hinkriege, ist es halt keine Geschichte, die ich erzählen will.
Alles, was danach passiert, ist wohl das, was man als Handwerk bezeichnet. Dabei schaue ich mir die ganzen Plot-Techniken wie Heldenreise mit ihren Archetypen oder auch Drei-Akt-Struktur an. Dadurch wächst die Geschichte, bis ich an den Punkt gelange, an dem ich mir überlege, welche Szenen ich brauche.
Es folgt die Erstellung eines Szenenplans, also was in den Szenen passieren soll, wer mit wem interagiert usw. Das ist dann der Anfang des Schreibens. Ich schreibe die Szenen und stelle dann irgendwann fest, dass sich die Geschichte anders entwickelt als geplant. Dann passe ich den Szenenplan an. Deshalb ist der Szenenplan auch nicht sehr detailliert, weil er eigentlich nur der grobe Plan ist.


An welchen Projekten arbeitest du momentan?
Im Moment bringe ich den vierten Band meiner Fantasy-Reihe im Self-Publishing heraus. Der Titel ist „Amaras Spiel“. Über das Magiesystem habe ich ja oben schon etwas gesagt, das ist gleich, quasi eine Heimat für mich. Die Hauptfigur ist Amara. Sie ist die zweite Tochter des Herrschers einer Dynastie, aber ihre magische Gabe ist eingeschränkt. Um diesen Makel zu kompensieren, hat sie ihre Fähigkeiten im Kampf geschult. Dennoch weiß sie nicht, welchen Platz sie im Leben einnimmt.
Wie bei High Fantasy üblich gibt es eine Bedrohung der Welt, und Amara wird zu einem Treffen der Herrscher geschickt.


Du veröffentlichst sowohl Kurzgeschichten als auch Romane. Wie unterscheidet sich deine Arbeit an einem Roman und an einer Kurzgeschichte?
Ich habe ja schon geschrieben, dass die Ideen für mich das Entscheidende sind. Bei Kurzgeschichten ist das offensichtlich, denn die meisten fokussieren sich ja auf diese eine Idee.
Bei Romanen reicht eine Idee nie aus. Sie müssen nach meiner Vorstellung wachsen. Man spielt mit den Ideen herum, wartet ein paar Tage, schreibt dazu, was das Unterbewusstsein noch geliefert hat und fügt es dazu. Das Brainstorming für einen Roman ist daher sehr viel länger. Vielleicht kriegen das andere schneller hin.
Beim Schreibstil gibt es auch eine Änderung, denn Kurzgeschichten sind, wie der Name schon sagt, kurz. Für Beschreibungen bleibt meist nicht so viel Raum. Das ist vielleicht vergleichbar mit einer Skizze und einem Gemälde. Bei einer Skizze müssen ein paar Striche das Objekt beschreiben, bei einem Gemälde kann man Farben in beliebiger Dicke verwenden. Im Roman kann ich die Umgebung viel besser ausgestalten.
Dadurch steht für mich bei einer Kurzgeschichte die Idee im Vordergrund, bei einem Roman die ganze Welt mit den Schicksalen, in die man eintauchen kann.

Ihr wollt mehr über Ulf wissen oder auf dem Laufenden bleiben? Dann folgt ihm hier:

Webseite: https://www.ulf-fildebrandt.de/

Instagram: https://www.instagram.com/ulffildebrandt/

Foto: Ulf Fildebrandt (privat)

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