Interview Frank G. Gerigk

Hallo zusammen. Autor, Illustrator, Herausgeber, Frank G. Gerigk ist auf sehr vielen Gebieten unterwegs. Er hat sich trotzdem Zeit für ein Interview genommen.
Wer deinen Namen gegoogelt, findet dich sowohl als Autor, Illustrator und auch als Herausgeber. Welche Tätigkeit ist für dich persönlich die erste Wahl?
Das ist so leicht nicht zu beantworten. Ich zeichnete schon als Kind gerne, versuchte mich als Jugendlicher im Pointilismus mit Tusche, und als Erwachsener hatte ich auch meine Phasen mit Acryl. Doch das Illustrieren ist eher eine Tätigkeit, die ich nebenher mache – wenngleich das auch mal viele Stunden am Tag ausmachen kann, beispielsweise wenn man Abertausend elektronische Härchen einer Figur hinzufügt. – Auch schreibe ich seit meinem 16. Lebensjahr. So fangen viele Autoren an. Das Schreiben – nicht nur Prosa – ist allerdings jene Tätigkeit, die mein Leben dauerhafter durchzieht als andere – vom Atmen und Essen vielleicht mal abgesehen. – Die Herausgeberschaft sehe ich als ein
i-Tüpfelchen an.
Genau genommen kommt sogar noch die Fotografie hinzu.
Summarisch gesehen bin ich wohl ein Redakteur, der viele unterschiedliche Tätigkeiten parallel betreibt, sachliche als auch künstlerische.
Doch egal, ob man eine Geschichte von dir liest, eine Illustration betrachtet oder zu einer Anthologie oder Zeitschrift greift, immer dominiert die Phantastik. Was macht ihren Reiz aus?
Das liegt daran, dass Du nur meine künstlerische Seite kennst. Ich habe einige Jahrzehnte in der Öffentlichkeitsarbeit gearbeitet, als Chefredakteur, Presseleiter usw. Da kamen viele Tausend Publikationen zusammen, vor allem Fachtexte im Bauwesen. Die Phantastik allerdings hat es mir besonders angetan. Sie ist jene Sparte der Literatur, die über die Realität hinausgeht, neue Welten und Ideen ersinnt und unser Sein, unsere Träume, Ängste und Wünsche quasi von allen Seiten und zusätzlich auch von außen betrachten kann. Das macht sie so einzigartig wie wertvoll. – Es war auch die Phantastik, genauer die technische Science Fiction, die mich bestärkte, meine Interessen in den Naturwissenschaften auszubauen und selbst in der Wissenschaft und dem Ingenieuerwesen tätig zu werden. Und ich sehe zwischen der Phantastik und den Wissenschaften gar keine große Konkurrenz – im Gegenteil, denn beide leben davon, Neugier zu wecken und neue Gebiete zu erforschen. Für mich ist das Lesen wissenschaftlicher Entdeckungen genauso unterhaltend und spannend wie das Entdecken neuer Welten in der Phantastik.
Was war deine erste Kurzgeschichte, deine erste Illustration und deine erste Herausgebertätigkeit?
Meine erste Kurzgeschichte legte ich noch handschriftlich mit dem Füller in einem Schulheft nieder. Diese jedoch bekam fast niemand zu Gesicht. – Meine erste veröffentlichte Kurzgeschichte war in einem Fanzine zu Anfang der 1980er-Jahre; ich war wohl etwa 17 Jahre alt. Fast gleichzeitig veröffentlichte Willi Voltz einige meiner Comics in der Rubrik „Witzrakete“ auf der Perry-Rhodan-Leserkontaktseite. Mein Studium an der Uni Mainz, Beziehungen und die ersten beruflichen Tätigkeiten fraßen aber so viel Zeit, dass ich viele Jahre lang dem Fandom fern blieb. Erst Mitte der 90er-Jahre wurde ich wieder etwas kreativ. Da kamen dann gleich eine Reihe von Story-Veröffentlichungen in der Computerzeitschrift c’t. – Meine erste Herausgeberschaft war mit Petra Hartmann, ihres Zeichens promovierte Journalistin, die sich inzwischen auch als erfolgreiche Romanautorin etabliert hat. Wir gaben im Blitz-Verlag 2012 die Anthologie „Drachen! Drachen!“ heraus, meines Erachtens bis heute einer der besten Sammlungen an Drachengeschichten überhaupt.
Doch nun zu Caprice … Du hast mir erzählt, dass bei dieser Kurzgeschichtensammlung erst die Illustrationen entstanden sind und die Schreibenden dazu die Texte verfasst haben. Eine ungewöhnliche Herangehensweise. Wie kamst du auf die Idee?
Es war ein großformatiges Buch von Rainer Schorm, das bei p.machinery veröffentlicht wurde, das zahlreiche seiner Illustrationen und Geschichten anderer Autoren dazu enthielt. Dieses Format hatte mich doch recht beeindruckt. Allerdings war es mit einem hohen Verkaufspreis versehen, der es eher zu einer Exklusivität machte, die sich nicht so viele Leute leisten wollten. Dies im Hinterkopf ging ich dann einige Zeit meinen eigenen Gedanken nach. Erst, als zeichnerische KIs auf den Markt kamen, welche viele Entwürfe sehr beschleunigen konnten, und ich einige Jahre damit herumexperimentiert hatte, kam ich dann auf die Idee, ausgewählte Grafiken mit Stories versehen zu lassen. Der Verlag, mit dem ich zuvor schon einige Jahre zusammengearbeitet hatte, vertraute mir – und so kam, nach einigen gemeinsamen Überlegungen, das Format CAPRICE heraus. Ich meine, mit dem Ergebnis können wir alle sehr zufrieden sein.
Da du die Illustrationen selbst erstellt hast, erlaube mir die Frage, ist eine der Geschichten ganz anders geworden, als du sie dir beim Zeichnen vorgestellt hast?
Ja, bitte nicht lachen, aber etwa zu 100 %. Die Kreativität der Autoren kennt keine Grenzen! Ich hatte den Autoren angeboten, ihnen meine Inspirationen dazu zu beschreiben, aber niemand hat das Angebot angenommen. Ich empfinde das als ein gutes Zeichen! Und die Qualität der Geschichten gab den Autoren recht. Auch die Auswahl der Grafiken, die die Autoren trafen, hat mich verblüfft. Ich hätte da auf ganz andere gesetzt!
Die Schreibenden wurden von dir zu der Sammlung eingeladen. Wonach hast du die Menschen ausgewählt und wird es in den folgenden Ausgaben sogenannte Stammautoren geben?
Ich wählte meist einige Autoren aus, mit denen ich schon vorher Kontakt hatte, und/oder deren Arbeiten ich kannte. Einige sind noch neu im Metier, andere „alte Hasen“. So erhoffte ich mir eine unterhaltsame Mischung aus verschiedenen Stilen und Blickwinkeln. Im Nachhinein bin ich selbst verblüfft, wie viele Autorinnen darunter sind. Und ja, ich hoffe, dass die Autoren auch beim nächsten Mal wieder dabei sind. Viele sind mit anderen Projekten beschäftigt, oft Romane, und können Kurzgeschichten nicht immer dazwischenschieben. Gleichermaßen versuche ich, auch neue Autoren zu gewinnen, und manche Autoren kommen auch selbst auf mich zu. – Auf eine öffentliche Ausschreibung jedoch habe ich verzichtet. Denn wenn mir manche Geschichten nicht gefallen, bekommt der Autor meist eine ausführliche Begründung dazu. Das kostet Zeit.
In welchen Abständen wird Caprice erscheinen?
Zurzeit wird an CAPRICE 02 gearbeitet und die Option für CAPRICE 03 offen gehalten. Ich muss ehrlich sagen, dass wir noch gar nicht daran gedacht haben, CAPRICE regelmäßig erscheinen zu lassen; dafür ist das Format noch zu neu sowie die Reaktionen der Leserschaft noch nicht bekannt. Der Markt für phantastische Kurzgeschichten ist klein und umkämpft. Und die Arbeit an einem neuen Buch macht zwar viel Freude, ist aber auch aufwendig; manche einzelnen Geschichten gehen mehrfach hin und her, bis sie perfekt sind. Und bis es im Verlag wieder einen freien Slot gibt … Ich nehme daher an, dass selbst unter günstigen Bedingungen ein CAPRICE-Buch nicht viel häufiger als einmal pro Jahr erscheinen kann, plusminus ein paar Wochen.
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Foto: Frank G. Gerigk (privat)