Interview Jana Hoffhenke
Heute steht uns die Verlegerin Jana Hoffhenke Rede und Antwort.
Wie bist du Verlegerin geworden?
Da muss ich etwas ausholen, denn es gibt kein typisches „das wollte ich schon immer werden“, eher eine Aneinanderreihung von Zufällen und Fügungen. In 2011 habe ich den Burgenwelt Verlag gegründet, mit dem ich mich gedanklich aber schon ein paar Jahre beschäftigt hatte. Wie kam das? Ich krabbelte kurz nach der Jahrtausendwende häufig in alten Gemäuern und Ruinen mittelalterlicher Burgen herum und suchte gleichzeitig nach passender Literatur zu den jeweiligen Objekten, weil ich einfach mehr erfahren wollte. Was ich fand, war mir zu wenig. Und weil ich unterwegs andere Menschen traf, denen es genauso ging, wollte ich Abhilfe schaffen und irgendwann schwebte mir eine schicke Sachbuch-Reihe im Kopf herum. Soviel zur Grundidee, die ich bis heute immer noch nicht umgesetzt habe – aber ich bin ja noch jung *grins*.
Schlussendlich landete ich thematisch erst mal in der Belletristik, bei Romanen und Anthologien, die Ursprungsidee wollte ich dann später angehen. Das Konzept funktionierte auf Anhieb sehr gut. Doch wie passt da jetzt der Eridanus Verlag hinein? Hat sich der leidenschaftliche Trekkie in mir irgendwann gelangweilt? Nun, schuld daran ist mein Mann, Jürgen Hoffhenke, der meinen Spaß an der Verlagsarbeit ein paar Jahre von außen beobachtete und den das Fieber irgendwann gepackt hatte. Als SF-Fan entschloss er sich 2015 kurzerhand, einen eigenen SF-Verlag zu gründen. Seitdem teilen sich beide Verlage die komplette räumliche und technische Infrastruktur und sogar einige der Autor:innen.
Inzwischen habe ich beide Verlage hauptverantwortlich unter meine Fittiche genommen, bei grundlegenden Entscheidungen und Entwicklungen beziehe ich Jürgen aber natürlich nach wie vor mit ein.
Der Eridanus-Verlag setzt bei seinen Veröffentlichungen auf eine Mischung aus Romanen und Anthologien. Geht das Konzept auf?
Knackig zusammengefasst: Anthologien machen den meisten Spaß, die Romane sorgen dafür, dass ich sie überhaupt machen kann. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht sind Anthologien in der Regel eher ein Desaster. Dem gegenüber steht jedoch ein unglaublich erfüllender Entstehungsprozess. Eine Ausschreibung zu konzipieren, Geschichten zu lesen, mit vielen oft grundlegend verschiedenen Autor:innen und Menschentypen zu arbeiten – das macht richtig Spaß. Es kostet aber auch viel Zeit, weswegen ich in den letzten Jahren selbst kaum noch als Herausgeberin tätig war, sondern andere ans Ruder ließ. Leider, muss ich sagen, denn das fehlt mir schon ziemlich. Zumindest für eine Ausschreibung im Burgenwelt Verlag schlüpfe ich deshalb aktuell endlich gerade mal wieder in die Rolle der Herausgeberin. Jetzt bin ich ein wenig abgeschweift … um deine Frage zu beantworten: Ja, die Mischung funktioniert für mich perfekt!
Mehrere Titel aus deinem Verlag waren in den letzten Jahren für Preise (Deutscher SF-Preis, Kurt Laßwitz-Preis u.a.) nominiert. Wie fühlt sich diese Bestätigung bei all den Mühen an?
Ich würde gern ganz idealistisch sagen, dass mir das nicht so viel bedeutet, aber es löst schon ein wirklich gutes Gefühl aus. Wobei ich sagen muss, dass ich meinen Anteil daran nicht überbewerten sollte und will. Ohne die Schöpfer der Texte, aus denen wir dann ein Buch machen, wäre kein Preis zu gewinnen. Und damit die Bücher von entsprechenden Juroren wahrgenommen und positiv beachtet werden, braucht es auch Menschen, die im Hintergrund mitwirken, darüber sprechen und beim Marketing unterstützen. Da habe ich im Verlag richtig tolle Hilfe (Chris, Sarah, Detlef und all ihr anderen, danke euch!) So ein Preis ist also immer ein Gemeinschaftserfolg.
Ich freue mich übrigens besonders darüber, wenn Freunde oder Bekannte, die weder mit der SF-Szene noch mit der Buchbranche etwas zu tun haben, mich plötzlich auf Nominierungen oder Preise ansprechen und mir dazu gratulieren. Es lässt sich im Alltag oft gar nicht so leicht vermitteln, was ich hier eigentlich in meinem Verlagsbüro den ganzen Tag so mache, das ist dann immer ein guter Gesprächsaufhänger.
Ich nutze diesen Gesprächsaufhänger gleich mal: Wie kann man sich deinen Arbeitsalltag vorstellen?
Gut dass du nicht gefragt hast, wie ein normaler Arbeitstag bei mir aussieht, den gibt es nämlich nicht. Fast jeder Tag ist eine kleine Überraschungstüte und kein Tag gleicht dem anderen. Heute zum Beispiel habe ich die ersten 2-3 Heiß-getränke im Büro genutzt, um Geschichten der aktuellen Ausschreibung (von der ich vorhin sprach) zu lesen. Außerdem habe ich ein eingesandtes Manuskript geprüft und eine Absage verschickt. Dann zwei noch offene Bestellungen verpackt und Rechnungen beglichen sowie Belege verbucht – da hatte sich einiges angesammelt. Die meiste Zeit hocke ich einfach vor dem Rechner, schreibe Autor:innen, Geschäftspartnern, Dienstleistern, stimme Themen und Termine ab, plane zeitliche Abläufe oder Veranstaltungen, kommuniziere mit Netzwerk-partnern, mache Buchhaltung (gähn!) und wickle den ganzen notwendigen rechtlichen und sonstigen adiminstrativen Kram rund um das Verlagsgeschäft ab. Manchmal sitze ich aber auch mehrere Stunden nur an einem Buchlayout und höre dabei verdammt gute Musik. Das liebe ich! Generell ist die konkrete Arbeit an einem Buch das, was mich am meisten an meinem Job ausfüllt, zu sehen, wie das Produkt Stück für Stück Form annimmt, bis ich es dann in der Hand halte. Und ich liebe es, mit Autorinnen und Autoren zu sprechen, nehme mir gern mal Zeit für ein ausgiebiges Telefonat oder wenn möglich ein persönliches Treffen – das beschleunigt kreative Prozesse ungemein.
Wenn ein Autor oder eine Autorin mit einer Romanidee an dich herantritt, was löst bei dir den Funken aus, um daraus ein Projekt zu konzipieren?
Wenn es doch darauf eine schlichte Antwort gäbe! Manchmal stimmen Plot, Stil, Thema und der generelle Eindruck eines Manuskripts perfekt und ich kann mich trotzdem nicht zu einer Realisierung durchringen. Manchmal weiß ich schon nach wenigen Seiten: Das ist es!
Oft wird nach Absagen nachgehakt, woran es denn gelegen hat. Am Anfang habe ich mir oft die Mühe gemacht, dann eine hilfreiche Antwort zu verfassen. Da dies aber zu häufig in einem diskussionsartigen Schlagabtausch endete, tue ich dies in der Regel nicht mehr. Ich kann eigentlich als Tipp nur geben: Schaut vorher genau, ob das eingesandte Manuskript wirklich zu den Verlagsvorgaben passt. Und allem, was in irgendeiner Form heraussticht, widme ich oft mehr Aufmerksamkeit, was die Chancen natürlich erhöht.
Was unterscheidet deinen eigenen Lesegeschmack von dem der Verlegerin?
Früher habe ich Bücher fast ausschließlich aus dem Themenfeld gelesen, in dem ich heute verlagstechnisch unterwegs bin. Inzwischen lese ich ehrlich gesagt in meiner Freizeit kaum noch SF-Romane oder Historisches, weil es mir kaum noch gelingt, die Arbeitsbrille abzusetzen. Ich suche da eher einen kompletten Ausgleich. Momentan lese ich hauptsächlich Sachbücher oder wissenschaftliche Fachzeitschriften zu den verschiedensten Themen oder auch gern mal einen seichten Krimi, wenn ich kaputt bin. Und ich lese sehr gern Bücher anderer Kleinverlage, da gibt es oft echte Perlen zu entdecken.
Welches Buch liest du gerade?
Ich lese gerade „Chicago Run“, den dritten Teil einer Marathon-Thriller-Serie von Frank Lauenroth. Ich habe vor einiger Zeit meine Leidenschaft fürs Laufen wiederentdeckt und stieß in diesem Zusammenhang zufällig auf diese Reihe. Lustigerweise hat Frank vor zwei Jahren auch eine Geschichte für die Eridanus-Anthologie „Alien Contagium“ beigesteuert, deshalb konnte ich sogar ein signiertes Exemplar erbeuten. 😉 Mir gefällt es richtig gut.